Der Arche - Tekt und die Arche-typen:
Otto
Beck, Schwarzwald-Salzburger (,,Mit zehn Jahren zugewanderter Alemanne"),
den die breite Öffentlichkeit am ehesten durch sein Archen-Spektakel kennt, mit
dem er in drei Sommern eine Art „multi-kulturelle Salzach-Quertreiberei" vom
Stapel ließ. Der Fluß, das Fließen, Schiffe — vor allem als Symbole für das
Wandern des Menschen von einem Ufer zum andern — das ist das Beherrschende in
Beck's Schaffen als Maler und Projektant. Sozusagen das Dauer-Drehmoment. Und
der 40jährige ist selber ein Quell, dem zumeist Unkonventionelles entsprudelt.
„Das war aber nicht immer so, ganz im Gegenteil", reflektiert er seine
künstlerischen Anfänge. „Als Student an der Akademie in Wien war ich der reine
Tor. Saß da, malte meine abendlichen Akte — und hab' nicht mitgekriegt, was
wirklich lief." Als jemand, so sieht er's heute, der „naiv dachte, man
geht in die Kunstakademie um dort was zu lernen." Geschädigt oder desensibilisiert
für „die Präsentation des Wesentlichen" von einem Schulsystem, „das einem
die unverdaute Bildungslast überstülpt." Was lief, war der Boom der phantastischen
Realisten, dem immer schneller immer andere Statements folgten. „So sagen ja
die Ga-leristen jetzt, wenn sie erklären, daß sie einen Maler zwei, drei Jahre
anbieten — und dann vergessen: Er hat sein Statement abgegeben ..." Eine
Entwicklung, mit der Beck nicht klarkommen will, obwohl er selber nicht
verhehlt, daß er an Bord der selben Galeere mit-rudert. „Man kann sich leicht
ausrechnen, wieviele Bilder man malen muß, um halbwegs davon zu leben.
Wobei die Familie — Frau Marianne und Sohn
Benjamin —, so Beck „eine heroische Rolle spielt, denn vieles wäre ansonsten
unzumutbar". Die Kunst am Fließband („Es gibt solche, die 2000 Bilder in
zehn Jahren machen”) macht Beck Angst, denn das „ist Hongkong-Malerei. Kunst
wie Coca Cola". Eben Konsum-In-halte, die nicht in Flaschen oder Dosen,
sondern auf Leinwänden vorkommen. Und die man nicht trinkt, sondern sammelt.
Als, wie er es nüchtern sieht, „letztes Tröpfchen Überfluß". Man sah es
jetzt beim Golfkrieg: in den Galerien und Reisebüros gab's lange Gesichter.
Eben, weil man Kunst als letztes braucht ..." Diese Inflation, geschaffen
aus Sachzwängen, genährt vom Sammeltrieb jener, die sich's leisten wollen",
diese „Synthesizer-Kunst" trägt für ihn auch Schuld daran, daß die heutige
Kunst ihrer revolutionierenden Aufgabe kaum nachkommt. Prägnant sei die
Kurzatmigkeit in einer Zeit medialer Durchdringung. „Wo immer was Neues
passiert, rasch weiß jeder, was wo los ist." So gibt sich der Projektant
Beck auch reichlich Mühe, gegen den Strom des Zeitgeistes zu schwimmen. Kunst
im öffentlichen Raum ist, was ihm vorschwebt. In seinem Keller-Atelier manifestieren
sich in Modellform diese Ideen. Etwa die Donau-Arche, konzipiert für die Expo
in Wien. Als Projekt prä-miert, Blaugolden, als absolut schalltote
Doppelpyramide. Innen würde sie ein in unseren Land nie dagewesenes räumliches
Hörerlebnis vermitteln, außen glänzt sie in ihren geometrischen Akzenten.
Kombiniert das physikalisch Simple
mit einem Hauch Steven Spielberg-Phantasie. 20 Millionen
würde diese Fähre kosten, zwei Jahre Bauzeit. Doch Finanziers, Sponsoren, sind
nicht in Sicht. Imponierend auch der Ansatz, wie der „futuristische Praktiker"
Beck, der demnächst den Salzburger Verkehrsinfarkt mit Klangmobilen ein wenig
lustvoller gestalten wird, sieht auch den Ausweg aus der Wohn-Misere: „Man
müsste den Grundstücksspekulanten eine Pachtverpflichtung abringen, um auf
ihren Böden mobile Häuser zu errichten, bis die die gehorteten Grundstücke
tatsächlich verbaut würden" Weil öffentliche Stellen nicht anbeißen, will
er jetzt selber eines seiner Container-Domizile auf die Wiese stellen. Ein
Baukasten-Heim, dessen Quadratmeterpreis bei 10.000 Schilling liegt. Und das
nach amerikanischem Vorbild binnen weniger Tage abgebaut,
transportiert und wieder errichtet werden kann. „Aber beim Wohnen, da ist die
Verwurzelung der Menschen bei uns noch stark. Die Jean, die tragen sie
mittlerweile alle, da haben alle den Quantensprung gewagt. Aber gleichsam in
der Jean wohnen, das wollen sie nicht." Auch das Sakrale hat bei ihm einen
Stellenwert, der nach Flexibilität schreit. Die Kirche ist so erstarrt wie ihre
Häuser, sagt er. Darum wäre eine Kapelle im Wasser, eine Kirche als
Heißluftballon etwas, das Symbolkraft hätte. R.R.1989